Mittwoch, 9. April 2014 – 18:43 Uhr

Viele Krimi-Feinspitze rümpfen heute die Nase, wenn die Rede auf Edgar Wallace kommt. Es stimmt: er hat ein ewig gleiches Schema, ein großes Faible für ehrbare, hübsche, junge Damen, die überaus tüchtig einer Erwerbsarbeit nachgehen müssen und sich zuletzt als reiche Erbinnen entpuppen. Den Märchenprinzen liefert er gerne mit. Viele seiner Geschichten ähneln daher auch eher Märchen als Krimis. Märchenkrimis oder Krimimärchen für das erwachsene Publikum. Dafür wurde er von seinen Zeitgenossen geliebt. Nicht nur von den Zeitgenossen.
Er war ein absoluter Vielschreiber. Wenn man sich die Liste seiner Veröffentlichungen ansieht – mit dem Erscheinungsdatum daneben – fühlt sich ein Typ mit ein bis zwei Büchern im Jahr wie ein tropfender Wasserhahn neben einem Rohrbruch. (Niemand mag Rohrbrüche, aber verglichen mit tropfenden Hähnen sind sie ein gewaltiges Ereignis. Und tropfende Wasserhähne mag man ja auch nicht.)
Außerdem war Wallace ein Genie der Selbstvermarktung, lange bevor der Begriff entstand. Er bot seinen Lesern einmal viel Geld, wenn sie einen Mörder frühzeitig herausfanden. Ich weiß nicht, wie er das kontrollierte – vielleicht mit Fortsetzungen. Jedenfalls trieb ihn die Aktion fast in den Ruin, vor dem ihn nur ein reicher Gönner bewahrte. Wieder ein märchenhaftes Element. Dann lief es wie am Schnürchen und er wäre ein reicher Mann gewesen, hätte er nicht laufend mehr ausgegeben als eingenommen. Vermutlich störte es ihn nicht, dass er hoch verschuldet starb. Auch die Schuldner und Erben störte es nicht, denn nachdem der Abfluss definitiv gestopft war, tilgten die sprudelnden Einnahmen binnen kurzer Zeit alle Rückstände.

Beste Grüße
Peter Bergmann

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